Im Februar 2004 trafen die Vorstandschefs von VW, Ford Europe, Fiat, Renault und Volvo in Brüssel mit EU-Kommissionspräsident Romano Prodi und seinen Kommissaren für Industrie, Handel, Verkehr und Forschung zu einem Krisengipfel zusammen. Die Forderung: weniger Richtlinien aus Brüssel, vor allem beim Thema CO2. Im Jahr 1998 hatten sich die europäischen Automobilhersteller gegenüber der EU verpflichtet, den CO2-Ausstoß ihrer Fahrzeuge zu senken. Das Ziel waren 25 % weniger. Statt durchschnittlich 186 g/km im Basisjahr 1995 sollten die in der EU neu zugelassenen Pkw im Jahr 2008 nur 140 g ausstoßen. Das entspricht 5,9 l Benzin und 5,3 l Diesel. Die japanischen und koreanischen Hersteller verpflichteten sich für 2009 ebenfalls zum 140-g-Ziel.Außerdem einigten sich die EU und der europäische Automobilherstellerverband ACEA, im Jahr 2003 über eine weitere Verschärfung zu verhandeln. Die Vorgabe der EU: 120 g/km bis zum Jahr 2012. Auch im Jahr 2003 gab der ACEA bei der Unternehmensberatung A. D. Little eine Studie in Auftrag. Ihr Thema: Die Folgen des 120-Gramm-Ziels für die europäische Automobilindustrie. Die Kernaussagen der Studie sind: !20 g CO2 sind mit rein technischen Maßnahmen kaum zu schaffen. Die Folge sind Gewinneinbusen bei den OEM durch engere Margen. Die Mehrkosten für die Verbrauch senkenden Technologien werden im Durchschnitt bei 4000 Euro pro Fahrzeug liegen. Mit größter Wahrscheinlichkeit müssten sich OEM und Autokäufer die Mehrkosten teilen. Die Folgen: Käuferstreik im Inland, deutlich weniger Exporte, rote Zahlen bei fast allen OEM und der Verlust von bis zu 250000 Arbeitsplätzen in Europa. Es wird dargelegt, dass die Forderungen der Politik insgesamt unausgegoren sind. Es fehlt eine ganzheitliche Strategie, um die Kohlendioxid-Emission zuerst dort zu senken, wo es am meisten bringt und am wenigsten kostet. Es fehlt ein Konzept, wie man Kraftstoffe aus Biomasse berücksichtigt. Ein Handel mit Emissionsrechten zwischen den OEM ist ofenbar bei der EU auch nicht angedacht. Zudem gibt es nirgendwo auf der Welt so viele Reglementierungen für Automobilhersteller wie in Europa - davon treiben nicht wenige den Kraftstoffverbrauch nach oben. Doch die wiederkehrende Klage der Auto-Lobby, andere Branchen emittieren viel mehr CO2 hilft auch nicht weiter. Sie lenkt nur von eigenen Defiziten ab. Zum Beispiel davon, dass die Solidarität zwischen den OEM nur auf dem Papier steht. Und dass die Europäer das Thema Hybridantrieb einfach vernachlässigt haben.
Dicke Luft
Trouble beyond the horizon
Automobil Industrie ; 49 , 3 ; 28-33
2004
6 Seiten, 3 Bilder, 2 Tabellen
Article (Journal)
German
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