Die Deutsche Bahn überzieht seit Jahren jeden Wettbewerber mit Rechtsstreits, der eine Erlaubnis für Überland-Busse haben möchte, die parallel zum Schienenverkehr fahren. Seit 2005 kämpft zum Beispiel der Busbetreiber Deutsche Touring für die Aufnahme der Fernbuslinie von Frankfurt über Köln nach Dortmund. Das Land Hessen genehmigte die Fahrten, aber die Bahn klagte. Die Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts in Leipzig steht nun an. Gleichzeitig stellt die 100-%-Tochter der Bahn, Bayern Express & P. Kühn Berlin, Bex, Antrag auf Genehmigung für einen Linienverkehr von Bielefeld über den Flughafen Hannover nach Hamburg. Die Bahn selbst glaubt offensichtlich selbst nicht, dass der Wettbewerb durch nationale Busbetreiber noch aufzuhalten ist. Der Personenverkehr steht damit vor einer Zeitenwende, denn noch verhindert ein Gesetz aus der Weimarer Republik den Angriff von der Straße auf den Schienenverkehr. Danach können Behörden Fernbuslinien verbieten, die Unternehmen ohne wesentliche Verbesserung der Verkehrsbedienung einrichten. Damit blieben Fernverbindungen wie Hamburg-Göttingen dem Auto oder Schienenverkehr vorbehalten. Die Bahn zwang bisher Wettbewerber immer in komplizierte Rechtsstreitereien. Immer musste entscheiden werden, was eine 'wesentliche Verbesserung' sei, ob dazu allein ein günstigerer Preis ausreicht. Ein Urteil in diese Richtung wäre ein Meilenstein für die mittelständische Busbranche, denn bisher gibt es nur wenige nationale Buslinien, aus historischen Gründen vor allem von und nach Berlin. Die Bundesregierung will den Markt weiter öffnen. Zwei Varianten sind im Gespräch: eine vollständige Freigabe für alle Unternehmen auf allen Strecken oder eine Teil-Liberalisierung, bei der der alte Schutz der Bahn fällt, aber neue Linien genehmigt werden müssen. Vieles spricht für die freie Fahrt, denn die Umweltbilanz der Busse ist gegenüber der Bahn je nach Auslastung gut bis sehr gut. Ein Marktanteil von bis zu 5 % wird ihnen prognostiziert, was einem Umsatzpotenzial im dreistelligen Millionenbereich entspricht. Die Bahn fürchtet um die Monopolgewinne im Fernverkehr auf der Schiene, obwohl sie selbst mit rund 12000 Bussen größter Busbetreiber Deutschlands ist.
Freie Fahrt. Bald sollen Fernbusse quer durch die Republik rollen. Die Deutsche Bahn wehrt sich - greift aber heimlich selber an
Wirtschaftswoche ; 25 ; 67
2010
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Article (Journal)
German
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